Regula Stämpfli zum UBI-Entscheid:
Diskriminierung auf SRF? Nie!
In 23 Jahren gab es 26 Beschwerden gegen die SRG
wegen Diskriminierung nach Artikel 4, Absatz 1
RTVG – und Null davon wurden gutgeheissen.
Am 29. Januar 2016 stand eine Beschwerde gegen
die Sendung «Sternstunde Philosophie» zur
öffentlichen Beratung. David Siems vom Verein
«selbstbestimmung.ch» berichtet im Newsletter über
das Verfahren Peter Singer/«Sternstunde
Philosophie» vom 24. Mai 2015.
Für den Klein Report kommentiert Dr. Regula
Stämpfli den Fall. Die Medienexpertin nimmt die
Beschwerde zum Anlass, um über die Tücken der
unabhängigen Beschwerdeinstanz nachzudenken.
Die «Sternstunde Philosophie» bot Peter Singer am
24. Mai 2015 unter der Leitung von Barbara Bleisch
eine Propagandabühne par excellence. Singer konnte
seine antihumanistischen Thesen unwidersprochen
darlegen. Die Moderatorin verpasste jede
Gelegenheit, den Euthanasie-Befürworter durch
genaue, differenzierte, nachhakende Fragen zu einem
kritischen Gespräch zu bringen. Dagegen erhob der
Verein «selbstbestimmung.ch» eine
Popularbeschwerde.
Die Beschwerde wurde einstimmig abgewiesen. Die
unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und
Fernsehen (UBI) hielt fest, dass «die Behinderten»
nicht erwarten könnten, in Barbara Bleisch «eine
Anwältin ihrer Sache» in einem öffentlich-
rechtlichen Gefäss zu kriegen. Dies war indessen
nicht der Gegenstand der Beschwerde.
Dienstag 2.2.2016
Die Diskriminierungsklage beanstandete, dass das
SRF einen Eugeniker unter dem Titel:
«Weltverbesserer unter den Philosophen» anpries und
ihm uneingeschränkt 56 Minuten Propagandaminuten
einräumte. Zur Entlastung der Moderatorin meinte
eine Juristin (!) aus dem UBI-Gremium, dass die
«Körpersprache» der Moderatorin durchaus kritisch
gewesen sei. Urteilen Sie selber. Mit einer anderen
Brille zeugt die Körpersprache der Moderatorin von
einem äusserst intimen Einverständnis mit Peter
Singer. Dem Verein «selbstbestimmung.ch» wurde
zudem unterstellt, sich mit der «Materie nicht
genügend befasst» zu haben. Es sei anzunehmen, dass
«selbstbestimmung.ch» das Werk Peter Singers «nur
falsch verstanden» hätte.
Wie kann man Singers «Sterbehilfe für
schwerbehinderte Kinder» «falsch» verstehen? Das
Festival phil.cologne hielt im Mai 2015 fest, dass
Singer als Referent unerwünscht sei, weil dessen
Philosophie konträr zu «jeglichem humanistisch-
emanzipatorischen Selbstverständnis» stünde. Hat sich
das europaweit grösste Philosophie-Festival auch
zuwenig mit Peter Singers Ideen befasst?
Die öffentliche Beratung wies die Beschwerde – wie
schon in anderer Fällen gegen die «Sternstunde
Philosophie» – mit dem Argument ab, dass die
Philosophiesendung nicht dazu da sei, kontrovers zu
diskutieren, sondern dazu, dass sich die Gäste vertieft
äussern könnten. Ist die «Sternstunde Philosophie»
also eine unkritische Werbesendung für philosophische
und politische Autorinnen und Autoren und weshalb
wurde ich dann noch nie eingeladen (Scherz)?
Hier ergeben sich medienrechtliche Fragen (kein
Scherz), die die SRG und die UBI klären müssten.
Zudem muss die Frage erlaubt sein: Wie hält es
eigentlich die UBI mit Diskriminierungsbeschwerden
(davon mehrere gegen die «Sternstunde Philosophie»)
generell? Dass in 23 Jahren keine einzige gutgeheissen
wurde, lässt tief blicken.
@laStaempfli
Veröffentlicht im
© Georg Boscher
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