Michel Foucault meinte, dass der Mensch nicht viel
mehr sei als die Diskursfäden von Wünschen,
Gelüsten und Gedanken. Schön gibt es Apps, die
alles outsourcen, inklusive Allgemeinbildung. Nur
so ist erklärbar, dass bei vielen Medienschaffenden
beim Thema “Frauen” sofort das dreieinige
Autocomplete von “Büro, Bett und Besen” (Alex
Bauer) auftaucht. Es ist als würde die ganze Schweiz
seit der wahrhaft verspäteten Einführung des
Frauenstimmrechts durch die Männermehrheit unter
kollektiven “Patriarchen-Babyblues” leiden. So sind
auch die Penisfotos von Typen erklärbar, die - trotz
negativen Erfahrungen – wieder und wieder ein Bild
ihres Dings verschicken. Punkto Politdiskussionen
hat letzten Freitag die SRF-Politsendung “Arena”
mit “Frauen am Herd” symbolisch ein Penisfoto
verschickt – zum Chagrin vieler Frauen. Allein
“Watson” applaudierte, was aber wenig erstaunt.
Denn bei “Frauenthemen” ist sie immer präsent:
Diese klebrige Mischung von Klickraten und
Miesmuschelintelligenz, die jeden Fortschritt
versaut.
Vor 25 Jahren kämpften die Gewerkschaften an
vorderster Front für den Frauenstreik. Die Medien
machten sich zunächst über den Eifer der Feministen
und Feministinnen lustig, waren dann völlig
überfordert als der Tag laut, lustvoll, frech, feierlich
und radikal symbolisch ein internationaler Erfolg
wurde (nicht nur Wikipedia lesen, sondern
Tagesschau von damals gucken!). Soviel
Frauenpower hat die Schweiz vorher und nachher
nie mehr erlebt. 1993 wurde dann die erste
sozialdemokratische Bundesrätin gewählt und 2011
gab es sogar ganz kurzfristig eine Frauenmehrheit
im Bundesrat. Doch die Uhren wurden schnell
wieder auf rückwärts eingestellt. Die Wandelhalle
im Bundeshaus (Medien, Lobbies) bleibt der
Wartesaal für Urologen und die mächtigen Frauen,
kaum sind sie im Amt, setzen alles daran, ja nicht in
den üblen Geruch von Quoten oder
“Frauenförderung” zu geraten. Deshalb fragte Sonja
Montag 20.06.2016
Hasler 2011, anlässlich des “jungen” 40jährigen
Jubiläums der Einführung des Frauenstimmrechts
auch: “Sind es jetzt die Männer, die unter die Räder
kommen?” Nun doppelte also Jonas Projer
(Twitterscherz “Projogan”) letzten Freitag nach.
Anlässlich des 25jährigen Jubiläums zum Frauenstreik
machte er eine Sendung mit dem Titel: “Frauen am
Herd?” Tja. Die Pythagorer glaubten ja auch, die Welt
sei auf Zahlen begründet. Deshalb teilten sie die Zahl 2
den Männern zu und die Nummer 3 den
Frauen…weshalb sollte da ausgerechnet SRF
fortschrittlicher oder gar wissenschaftlicher sein?
Feminismus ist kein Tag nur für eine Nacht,
Feminismus braucht halt Jahrthunderte. Was
momentan in der Schweiz punkto Gleichstellung
abläuft, gleicht einem langsamen Verdorren auf dem
Müllhaufen der Geschichte. Bitter ist: Der Abfall wird
mit öffentlich-rechtlichen Geldern, der Unterstützung
der Gewerkschaften und mit hoher weiblicher
Mittäterschaft produziert. Deshalb war die Aktion
gegen die Arena von SRF unter #publicservice und
#srfarena mit unzähligen Herd-Bildern und Slogans
wie “mein Herd gehört mir” oder “myherdismycastle”
wichtig, symbolisch stark und hat Spass gemacht.
Angesichts des Verfalls mancher Politsendung wirken
uralt Feminismusstrategien äusserst intakt. Besser
gutgemeint in den Spott als schlechtinformiert ins
Verderben. Zudem: “Herds” statt “Nerds” klingt zwar
wie Kafka für Arme…bleibt aber Kafka.
@laStaempfli
Veröffentlicht in der
Regula Stämpfli: Patriarchen-Babyblues
© 4YE
Basler Zeitung, 14.6.2016